Der Scope-Kontext (1091)
Um was geht’s?
Scope wird im deutschen mit Inhalt und Umfang übersetzt. Interessant, dass es hierfür in unserer Sprache zweier Begriffe bedarf.
Es geht also um die Frage, was denn (genau?) im Projekt gemacht wird. Also der Inhalt.
Und es geht um die Frage, wo die Grenzen des Projekts verlaufen. Was ist drin, was ist nicht drin. Der Umfang.
Damit hängt der Scope eng an den Themengebieten Ziele, Anforderungen, Benefit, die wir an anderer Stelle behandeln. Scope ist von diesen Themengebieten aber abhängig, da es die Ziele eines Vorhabens konkretisiert. Bei der Konkretisierung ist der erste Schritt: Festlegen der Liefergegenstände. Welche Liefergegenstände erfüllen die Ziele?
Dann wird die Konkretisierung detaillierter, es gibt die Arbeitspakete. Welche Arbeitspakete machen die Liefergegenstände aus?
Diese werden nochmals in Aktivitäten zerlegt. Welche Aktivitäten erledigen ein Arbeitspaket?
Wenn das alles richtig gemacht wurde, werden alle Ziele erreicht, wenn alle Aktivitäten erledigt wurden. Das ist die Logik. In der Praxis ist das aber schwer genug, weswegen wir hier etwas näher auf die einzelnen Schrittfolgen eingehen.
Klassischer Ansatz
Selbst im klassischen Projektansatz entstehen viele Missverständnisse – und im agilen Ansatz nicht weniger. Betrachten wir im nachfolgenden Video erst einmal die klassische Denke:
Agiler Ansatz
Die komplette Zerlegung des klassischen Ansatzes hat eine Grundvoraussetzung: Das Endprodukt ist weitgehend bekannt und lässt sich dadurch und vorher (in der Planung) bereits gut umreißen und zerlegen.
Ist das Produkt eher unbekannt, wird erst „im letzten Moment zerlegt“. Daher sind Änderungen wesentlich einfacher zu integrieren. Und der agile Ansatz kennt nicht annähernd so viele „Artefakte“ rund um das Scoping wie der klassische Ansatz.
Begriffsübersicht
Wir betrachten die Themen- und Begriffswelt:
Ziele / Nutzen / Vision
Ziele sind das, worauf die Arbeit und das Projekt hin ausgerichtet sind. Eine angestrebte strategische Position, ein herzustellendes Produkt oder eine zu erbringende Dienstleistung.
Im agilen Kontext spricht man dabei oft von Vision statt von Ziel.
Ziele gehören eher dem Auftraggeber/ Sponsor / Product Owner
Liefergegenstände / Deliverables
Ein eindeutiges und überprüfbares Produkt/ Ergebnis/ Dienstleistung, das/die hergestellt bzw. erbracht werden muss, um einen Prozess/ Phase/ Projekt vollständig abschließen zu können.
Merke: Anhand der Liefergegenstände wird festgestellt, ob ein Projekt (oder Phase oder Prozess) erfolgreich abgeschlossen wurde. Dazu müssen Liefergegenstände validiert und abgenommen werden.
Liefergegenstände gehören dem Projektleiter.
Anforderungen /Requirements
Anforderungen beschreiben die Bedingungen oder Fähigkeiten, die ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein Ergebnis erfüllen muss. Sie werden in einem Vertrag oder einer sonstigen formal vorgegebenen Spezifikation festgehalten. Dazu werden die Stakeholderbedürfnisse und -anforderungen, die zum Erfüllen der Projektzielvorgaben notwendig sind, identifiziert, dokumentiert und gemanagt.
Merke: Anforderungen müssen erfüllt werden, um eine Zielvorgabe zu erreichen.
Requirements kommen typischerweise vom (End)Kunden, vom User, der das Produkt oder die Dienstleistung tatsächlich einsetzt.
Einschränkungen (oder auch Beschränkungen) / Constraints
Ein einschränkender Faktor, der die Durchführung eines Projekts, Programms, Portfolios oder Prozesses beeinflusst.
Merke: Nicht änderbare Rahmenbedingungen von außen, die berücksichtigt werden MÜSSEN und dadurch den Scope beeinflussen.
Annahmen / Assumptions
Ein Faktor im Planungsprozess, der als wahr, real oder sicher erachtet wird.
Merke: Annahmen müssen nicht zwingend zu- oder eintreffen. Es kann schwierig sein, sich alle Annahmen (oder zumindest die wesentlichen) bewusst zu machen. Von vielen Annahmen gehen wir unbewusst aus. Und verschiedene Stakeholder könnten auch verschiedene Annahmen haben.
Annahmen sind auch eine gute Quelle für Risiken, wenn die Annahmen einfach umgedreht werden. Was, wenn nicht?
Scope Management Plan / Inhalts- und Umfangsmanagementplan
Eine Komponente des Projekt- oder Programmmanagementplans, welche beschreibt, wie der Inhalt und Umfang definiert, entwickelt, überwacht, gesteuert und verifiziert wird.
Es geht also nicht um den Scope selbst, sondern wie man ihn erarbeitet und managt.
Beschreibung des Projektinhalts und -umfangs / Project Scope Statement
Die Beschreibung des Projektinhalts und -umfangs, wesentlicher Liefergegenstände, Annahmen und Beschränkungen.
Also alles, was im Projekt „hergestellt“ werden muss – einschließlich des Projektmanagements selbst!
Projektstrukturplan (PSP) / Work Breakdown Structure (WBS)
Eine hierarchische Zerlegung des gesamten Inhalts und Umfangs. Die durch das Projektteam auszuführenden Arbeiten, um die Projektziele zu erfüllen und die erforderlichen Liefergegenstände zu erstellen.
Bis runter zur Ebene der Arbeitspakete. Eine ordentliche und korrekte WBS ist die wesentliche Voraussetzung für die weitere Planung des Projekts; einschließlich Terminen und Kosten. Die WBS bildet sozusagen eine der Seiten des Magischen Dreiecks ab. Was nicht in der WBS ist, ist nicht im Projekt!
Inhalts- und Umfangsbasisplan / Scope Baseline
Die genehmigte Version einer Inhalts- und Umfangsbeschreibung sowie eines Projektstrukturplans (PSP/WBS) und des damit verbunden PSP-Verzeichnisses. Die kann nur mittels formeller Änderungssteuerungsverfahren geändert werden und dient als Ausgangsbasis für Vergleiche.
Im Unterschied zum Inhalts- und Umfangsmanagementplan oben, sind in diesem Plan tatsächlich Inhalte festgeschrieben. Dieser Basisplan ist auch wichtig, um z.B. Scope Creep, den schleichenden Inhalts- und Umfangszuwachs, zu erkennen.
Ihre Aufgabe: Verstehen
Am Ende des Tages müssen Sie alle obigen Begriffe voneinander differenzieren können und sattelfest bestimmen. Und versuchen Sie doch einmal in Ihrer realen Projektumgebung, diese unterschiedlichen Artefakte zu identifizieren. Vielleicht steht nur nicht der Name drauf, den PMI oder das PMP-Examen verwendet.
Vielleicht steht da ein ganz anderer Begriff drauf. Aber Sie sollten wissen, was drin ist.
Blog
Es gibt es auch noch einen Magazinartikel, der ebenfalls einige wichtige Elemente rund um den Scope beschreibt und einen kleinen Test mit Ihnen macht:
http://magazin.wuttke.team/viel-scope-viel-plan-ein-kleiner-test/
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